Turnier mit Schülern aus 28 Ländern beginnt am 20. Juli
7.07.2012 Kann man in einem Becken mit Luftblasen schwimmen? Wie entstehen die Lichtmuster, die sich häufig am Boden eines Schwimmbeckens bilden? Wer die Antwort weiß, gewinnt nicht automatisch beim International Young Physicists‘ Tournament (IYPT), dem sogenannten Physik-Weltcup, der vom 20. bis. 29. Juli im oberschwäbischen Bad Saulgau stattfindet. Nur wer die Lösung als Team überzeugend auf Englisch vor der internationalen Konkurrenz sowie einer internationalen Jury präsentieren kann, hat am Ende eine Chance, den anspruchsvollsten Physik-Wettbewerb für Schüler zu gewinnen.
In diesem Jahr findet der Physik-Weltcup zum ersten Mal im oberschwäbischen Bad Saulgau statt – nach weltbekannten Austragungsorten wie Teheran (2011), Wien (2010), Seoul (2007) oder Brisbane (2004). Der diesjährige Veranstalter, das Schülerforschungszentrum Südwürttemberg (SFZ®), hatte im vergangenen Jahr in Teheran den Zuschlag bekommen und hat über viele Jahre hinweg die meisten Teilnehmer im deutschen Team gestellt. Deutschland ist mit sieben Gold- und acht Silbermedaillen bei 18 Teilnahmen die bis heute erfolgreichste Nation. Der Physik-Weltcup steht unter der Schirmherrschaft der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG). Zur Eröffnung wird unter anderem Bundesforschungsministerin Annette Schavan sprechen.
Alltägliche Fragen – komplexe Antworten
Warum läuft man auf trockenem Sand weicher als auf feuchtem? Wie lässt sich eine Fata Morgana im Labor erzeugen? – Fragen, auf die manch gestandener Physik-Professor nicht auf Anhieb eine Antwort wüsste. Sie gehören zu den jeweils 17 Forschungsaufgaben, die immer im Herbst veröffentlicht werden und bis zum Wettbewerb im Juli des folgenden Jahres geknackt werden müssen. Dabei dürfen die 16- bis 20-jährigen Schüler alle Hilfsmittel anzapfen, die ihnen einfallen: Literatur, Internet oder Experten an Unis oder in Unternehmen. Während des Wettbewerbs müssen sie die Aufgaben in einem rhetorischen Wettstreit auf Englisch gegenüber der Konkurrenz verteidigen. In diesem Jahr haben sich Teams aus 28 Ländern angemeldet, unter anderem aus China, Australien, Singapur, Iran und Frankreich und Österreich.
Zahlreiche Unternehmen unterstützen den Wettbewerb
Die Veranstalter rechnen mit Kosten in Höhe von 400.000 Euro, die ausschließlich durch Spenden von Unternehmen und Stiftungen aufgebracht werden. Viele kleinere ortsansässige Firmen haben ihre Unterstützung zugesagt, aber auch Weltmarktführer wie das Medizintechnik-Unternehmen Aesculap aus Tuttlingen oder der Baumaschinenhersteller Liebherr sowie mehrere Stiftungen – zum Beispiel die Robert Bosch Stiftung oder die Dieter Schwarz Stiftung aus Neckarsulm – haben sich bereit erklärt zu helfen – mit finanzieller Unterstützung und auch mit Spezialisten aus ihren Unternehmen. Sie betreuen vor allem den Finanzbereich, das Sponsoring und das Projektcontrolling mit professionellem Rat und kümmern sich um die Räumlichkeiten und die kulinarische Verpflegung der Teilnehmer.
Auch die Stadt Bad Saulgau hat ihre Hilfe zugesagt – personell und durch Bereitstellen von Räumlichkeiten. Im Stadtforum sollen die Eröffnungs- und Schlussveranstaltung sowie das Finale stattfinden.
Wolfgang Hatz, Vorstand für Forschung und Entwicklung bei Porsche, brauchte sich nicht lange überzeugen zu lassen und sieht für sein Unternehmen einen großen Nutzen: „Deutsche Industrieunternehmen haben im harten, globalen Wettbewerb nur dann eine Chance, wenn sie innovative Spitzentechnologie, Qualität und faszinierende Produkte herstellen. Um diese anspruchsvollen Ziele zu realisieren, benötigen wir junge Menschen, die neugierig sind, Spaß an technischen Fragestellungen haben und hartnäckig an intelligenten Lösungen arbeiten. Deshalb ist es uns ein großes Anliegen, die Ausrichtung des International Young Physics Tournament 2012 zu fördern und zu unterstützen.“
Deutsche Teilnehmer kommen aus Bayern, Hessen und Baden-Württemberg
Für Deutschland gehen die Schüler Clemens Borys (19) und Paul Hege (16) aus Kassel, Lars Dehlwes (16) aus Erlangen, Tobias Schemmelmann (18) aus Lörrach und als Captain Michael Kern (17) aus Biberach an den Start. „Natürlich wäre es schön, im eigenen Land auf dem Siegerpodest zu stehen, aber daneben möchten wir vor allem gute Gastgeber sein, denn von den Teilnehmern war fast noch niemand in Deutschland“, so Rudolf Lehn, der Chef des lokalen Organisationskomitees und Leiter des SFZ®.
Konzipiert wurde der Mannschaftswettbewerb 1979 von der Staatlichen Universität Moskau, die auch bis 1993 alleiniger Veranstalter war. 1994 fand das IYPT-Turnier zum ersten Mal im Westen – in den Niederlanden – statt. 1995 in Polen nahm erstmals ein deutsches Team teil und belegte auf Anhieb den ersten Platz. Nachdem die deutschen Schüler auch 1999 den Wettbewerb gewannen, entstand die Idee, ein Schülerforschungszentrum zu gründen.
Teilnehmer des deutschen Teams:
Michael Kern (Captain), 17 Jahre, Biberach
Wieland Gymnasium Biberach, Schülerforschungszentrum Südwürttemberg( SFZ®), Ulm
Paul Hege, 16 Jahre, Kassel
Wilhelmsgymnasium Kassel, Schülerforschungszentrum Nordhessen (SFN Kassel)
Clemens Borys, 19 Jahre, Vellmar
Friedrichsgymnasium Kassel, Schülerforschungszentrum Nordhessen (SFN Kassel)
Tobias Schemmelmann, 18 Jahre, Lörrach
Hans-Thoma-Gymnasium Lörrach, phænovum Schülerforschungszentrum Lörrach-Dreiländereck
Lars Dehlwes, 16 Jahre, Erlangen
Ohm-Gymnasium Erlangen, Erlanger Schülerforschungszentrum (ESFZ)
Informationen über das Schülerforschungszentrum Südwürttemberg (SFZ®)
Das Schülerforschungszentrum Südwürttemberg (SFZ®) in Bad Saulgau wurde 1999 gegründet, nachdem zum zweiten Mal ein deutsches Team mit Schülern aus Oberschwaben beim wichtigsten Physikwettbewerb für Schüler, dem „International Young Physicists‘ Tournament“ (IYPT), den zweiten Platz belegt hatte. Seitdem fördert es den technischen Nachwuchs und möchte so dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Inzwischen gibt es weitere Standorte in Tuttlingen, Ulm und Friedrichshafen/Überlingen.
Das SFZ® ist Nachwuchsschmiede, Ideenwerkstatt, Forschungslabor, Wissenszentrum, Hochbegabteneinrichtung – und sozialer Treffpunkt: Mehrere Hundert Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Altersgruppen und aus vielen Teilen Baden-Württembergs kommen regelmäßig nach Bad Saulgau oder einen der weiteren Standorte, um eigenständig zu forschen, ohne feste Vorgaben und ohne Stundenplan. Mitbringen müssen die jungen Forscher Neugier, Durchhaltevermögen, die Bereitschaft, im Team zu arbeiten und an Wettbewerben teilzunehmen. Sie lernen selbstständig zu arbeiten, gemeinsam mit anderen komplexe Fragen zu erforschen, ohne vorher zu wissen, ob es dafür eine Lösung gibt. Sie lernen zu forschen und erlernen Techniken und Fähigkeiten, die sie auch später im Studium oder im Beruf brauchen. Die meisten Teilnehmer des SFZ® entscheiden sich nach ihrem Abitur für ein technisches Studienfach.
Im SFZ® wird Leistung auf höchstem Niveau erbracht. Trotzdem ist das Schülerforschungszentrum keine exklusive Hochbegabteneinrichtung. Zwar sollten die Teilnehmer Leistungsbereitschaft, Neugier und gute Mathematikkenntnisse mitbringen, genauso wichtig aber ist die Bereitschaft im Team zu arbeiten. Soziale Kompetenzen werden auf diese Weise ebenfalls gefördert. Neben Forschungsprojekten aus der Physik werden auch Fragestellungen aus der Mathematik, Informatik und Informationstechnik, Chemie, Biologie, Geowissenschaften und dem Bereich Technik untersucht. Für Grundschüler werden Physikwerkstätten angeboten.
Interessierte und leistungsbereite Schüler der Mittel- und vor allem Oberstufe an Gymnasien können im SFZ® außerhalb des schulischen Unterrichts eigenständig naturwissenschaftliche Kenntnisse vertiefen oder sich gezielt auf Wettbewerbe vorbereiten. Jeder Schüler bestimmt selbst, wie oft er ins Schülerforschungszentrum fährt. Denn gearbeitet wird nicht nur in Bad Saulgau, sondern auch zu Hause oder an den Herkunftsschulen der Schüler. Finanziell unterstützt wird das SFZ® vom Land Baden-Württemberg, der Stadt Bad Saulgau, dem Landkreis Sigmaringen, von Stiftungen, Unternehmen und privaten Spendern.
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